Montag, 30. Oktober 2017

Trainer-Tohuwabohu

Andries Jonker sorgte in diesem Jahr für den ersten Anschubser und das hektische Nachschauen von Tippspiel-Deutschland, wer für Wolfsburg als erste Trainerentlassung Bonuspunkte eingesammelt hat; die Bayern wechselten zum 14. Mal einen Trainer während der Saison und nun hat es Alexander Nouri getroffen: Das Trainerkarussell ist, wie in den letzten Jahren fast immer im Herbst, in vollem Gange. Wiederholt hat mich dabei in den letzten Jahren die Frage umgetrieben, ob denn so ein Trainerwechsel während der Saison wirklich von Erfolg gekrönt ist.

Für mich also Grund genug, mal wieder die Statistikmaschine anzuschmeißen, um zu einem zumindest semi-begründeten Urteil zu kommen: Jein. Seit 1963 gab es in der Fußball-Bundesliga 443 Trainerwechsel während der Saison (Stand 30.10.2017)1. Für die 439 von diesen 443 Trainerwechseln, die bis zum Ende der vergangenen Spielzeit 2016/17 stattfanden, habe ich für eine Auswertung die Platzierung bei Beginn der Tätigkeit mit der Platzierung zum Saisonende der jeweiligen Saison (bzw. mit der Platzierung zum Ende der Tätigkeit, wenn ein Trainer noch vor dem jeweiligen Saisonende erneut wechselte) gegenüber gestellt. Über alle Wechsel hinweg ergibt sich so tatsächlich ein positiver Effekt: Im Schnitt stand der Verein am Ende der Saison bzw. beim Ende der Tätigkeit um etwa 1,07 Plätze besser da als zum Zeitpunkt des Trainerwechsels.

Auch wenn man den jeweiligen Punkteschnitt der Trainer gegenüberstellt, ergibt sich insgesamt ein positives Bild: etwa 0,22 Punkte holten die neuen Trainer im Schnitt pro Spiel mehr als ihre Vorgänger. Insgesamt scheinen Trainerwechsel damit, wohlgemerkt im Schnitt, einen positiven Effekt zu haben. Andererseits bleibt aber auch zu erwähnen, dass bei den Trainerwechseln, die besonders erfolglos waren - bei denen also sowohl Punkteschnitt als auch Platzierung deutlich nach unten gingen - häufig ein zweites Mal in der gleichen Saison die Reißleine gezogen wurde.

Diese Auswertung kann natürlich keine erschöpfende Antwort auf die Frage liefern, ob ein Trainerwechsel während der Saison erfolgreich ist. Neben dem durchaus positiv scheinenden Gesamtbild sind aber ganz nebenbei immerhin noch einige interessante Bestenlisten zustande gekommen.

Größte Verbesserung in der Tabelle nach einem Trainerwechsel2

Rang Verein Saison Trainer Platzierung
Beginn Ende Diff.
1 Werder Bremen 1967/68 Fritz Langner 17 2 +15
2 Mönchengladbach 2015/16 Andre Schubert 18 4 +14
3 FC Schalke 04 2004/05 Ralf Rangnick 15 2 +13
4 Hamburger SV 1995/96 Felix Magath 17 5 +12
4 1. FC Köln 1991/92 Jörg Berger 16 4 +12
4 Eintracht Frankfurt 1976/77 Gyula Lorant 16 4 +12
7 Hamburger SV 2006/07 Huub Stevens 18 7 +11
7 Werder Bremen 1997/98 Wolfgang Sidka 18 7 +11
7 1. FC Köln 1983/84 Hannes Löhr 17 6 +11
7 1. FC Köln 1973/74 Zlatko Cajkovski 16 5 +11
11 Werder Bremen 2016/17 Alexander Nouri 18 8 +10
11 VfB Stuttgart 2009/10 Christian Gross 16 6 +10
11 1. FC Nürnberg 2005/06 Hans Meyer 18 8 +10
11 Hamburger SV 2004/05 Thomas Doll 18 8 +10
11 FC Schalke 04 1968/69 Rudi Gutendorf 17 7 +10
16 VfB Stuttgart 1990/91 Christoph Daum 15 6 +9
17 Werder Bremen 2014/15 Viktor Skripnik 18 10 +8
17 VfB Stuttgart 2008/09 Markus Babbel 11 3 +8
17 Hamburger SV 1987/88 Willi Reimann 14 6 +8
17 Düsseldorf 1982/83 Willibert Kremer 17 9 +8

Während Fritz Langner den SV Werder Bremen also von Platz 17 auf Platz 2 führte und somit ganze 15 Plätze gut machte, ist der "Höchstwert" bei den erfolglosesten Trainerwechseln vergleichsweise gering. Ein Grund dafür wurde oben bereits genannt: In vielen Fällen, in denen ein Trainerwechsel besonders erfolglos war, folgte noch in der selben Saison ein zweiter Trainerwechsel (wie zum Beispiel bei Michael Skibbe oder Bernd Krauss). Ein weiterer Grund liegt in der Natur der Sache: Trainerwechsel finden sehr viel häufiger bei Teams statt, die bereits erfolglos sind und damit in der Tabelle recht weit unten stehen. Für die neuen Trainer gibt es dann natürlich nicht so viel Gelegenheit, noch sehr viele Tabellenplätze nach unten abzurutschen.

Größte Verschlechterung in der Tabelle nach einem Trainerwechsel2

Rang Verein Saison Trainer Platzierung
Beginn Ende Diff.
1 Borussia Dortmund 1999/00 Bernd Krauss 6 13 -7
2 Arminia Bielefeld 2006/07 Frank Geideck 11 17 -6
3 VfL Wolfsburg 2010/11 Pierre Littbarski 12 17 -5
3 Hansa Rostock 1991/92 Erich Rutemöller 13 18 -5
3 Borussia Dortmund 1968/69 Helmut Schneider 11 16 -5
6 Hertha BSC 2011/12 Michael Skibbe 11 15 -4
6 FC Schalke 04 2010/11 Ralf Rangnick 10 14 -4
6 Borussia Dortmund 2006/07 Jürgen Röber 9 13 -4
6 Hamburger SV 1968/69 Georg Knöpfle 2 6 -4
6 1. FC Nürnberg 1966/67 Jeno Vincze 10 14 -4

Neben den obigen Bestenlisten gibt es noch weiteres Angeberwissen für das nächste Fußball-Quiz.
  • Saisons mit den meisten Trainerwechseln in einer Saison: 1991/1992 und 2005/2006 mit jeweils 14
  • Saisons mit den wenigsten Trainerwechseln in einer Saison: 1963/1964 und 1972/1973 mit jeweils 3
  • Saison mit den meisten Trainerwechseln vor dem ersten Spiel: 1978/1979 mit 103
  • Saison mit den wenigsten Trainerwechseln vor dem ersten Spiel: 1999/2000 mit 03
  • Saison mit dem spätesten ersten Trainerwechsel: 1964/1965 (Eintracht Frankfurt nach 18 Spielen)
  • Saisons mit den frühesten ersten Trainerwechseln: 1983/1984 (Köln nach 2 Spielen), 1995/1996 (Köln nach 2 Spielen), 2009/2010 (Hannover nach 2 Spielen)


1 Alle Daten stammen vom Kicker. Für alle Bundesligisten wurden alle Erstligatrainer seit dem Start der Fußball-Bundesliga 1963/64 gelistet, die bei mindestens einem Spiel als Trainer auf der Bank saßen. Als Trainerwechsel wurden all jene Wechsel gewertet, die nach dem ersten Spieltag einer Saison und vor dem letzten Spieltag einer Saison stattfanden. Dabei wurde nicht danach unterschieden, ob ein Trainer als Interimstrainer angesehen wurde oder nicht. Der Wechsel von Carlo Ancelotti auf Willy Sagnol beim FC Bayern ist demnach der 13. Trainerwechsel während der Saison des Vereins; der dann folgende Wechsel von Sagnol zu Jupp Heynckes der 14.
2 Für die Bundesliga-Saisons von 1963/64 bis einschließlich 2016/17.
3 Hier wurden alle Trainerwechsel gezählt, die nach dem letzten Spieltag der vorherigen Saison und dem ersten Spieltag der vorliegenden Saison stattfinden (also bspw. auch ein Trainerwechsel im Juni, sofern der 34. Spieltag bereits absolviert war). Absteiger wurden nicht berücksichtigt (da diese in der vorliegenden Saison nicht mehr in der Bundesliga spielten). Aufsteiger wurden berücksichtigt, sofern ein anderer Trainer beim ersten Spiel auf der Bank saß als beim letzten Spiel in der Aufstiegssaison.

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